Ein phylogenetischer Stammbaum ist die baumartige Darstellung der Verwandtschaft zwischen verschiedenen Organismen. Er zeigt, wie sich die Arten im Laufe der Evolution aus gemeinsamen Ursprüngen entwickelt haben. Die Verzweigungen des Baums repräsentieren divergierende Entwicklungslinien, während die Knotenpunkte die gemeinsamen Vorfahren darstellen.
Phylogenetische Stammbäume werden mit Hilfe genetischer oder molekularbiologischer Daten erstellt, nicht aber mit Hilfe morphologischer Befunde.
DNA-Stammbäume werden durch Auswertung von Basen-Sequenzen bestimmter Gene erstellt. Dabei werden vor allem die Unterschiede in den Basen-Sequenzen berücksichtigt. Je mehr Unterschiede in den Basensequenzen des untersuchten Gens, desto weniger sind die beiden untersuchten Arten miteinander verwandt bzw. desto älter ist der letzte gemeinsame Vorfahre. Da die Mutationsrate von Genen zeitlich ziemlich konstant ist, kann man aus der Anzahl der Abweichungen auch den ungefähren Zeitpunkt der Auseinanderentwicklung berechnen, also wann der letzte gemeinsame Vorfahr ungefähr gelebt hat. Oft stimmen diese Ergebnisse dann auch mit den Daten überein, die man durch Altersbestimmung bei fossilen Überresten der Lebewesen gefunden hat. Manchmal aber auch nicht - dann muss man weitere Gene untersuchen oder auf andere Methoden zurückgreifen.
Protein-Stammbäume werden entsprechend durch Auswertung der Aminosäure-Sequenzen bestimmter Proteine erstellt.
Abituraufgaben
In den folgenden Abituraufgaben kommt dieses Thema vor:
Dornteufel (2024, GK HT 1)
In der dritten Teilaufgabe dieser Abituraufgabe sollen zunächst die Unterschiede zwischen konvergenten und divergenten Entwicklungen beschrieben werden. Anschließend soll beurteilt werden, ob die "Angepasstheiten des Dornteufels an heiße und trockene Lebensräume das Ergebnis einer konvergenten Entwicklung in der Gruppe der australasiatischen Agamen sind." Dazu soll ein DNA-Stammbaum "ausgewählter Agamenarten Australasiens mit Informationen zum Habitat" ausgewertet werden.

Phylogenetischer Stammbau einiger Reptilienarten
Autor: Ulrich Helmich 04/2025, Lizenz: Public domain
Diese Zeichnung wurde in Anlehnung an das Material C der Abituraufgabe erstellt, aber stark vereinfacht. Man sieht hier aber sofort, dass die Angepasstheiten an das Leben in der Wüste mehrmals unabhängig voneinander bei den verschiedenen Reptilienarten entstanden ist. Es handelt sich also eindeutig um eine konvergente Entwicklung bei den Arten A, E und H. Bei den nah verwandten Arten F und G ist dagegen eine divergente Entwicklung zu beobachten, die eine Art hat sich an das Leben in Regenwäldern angepasst, die andere Art an das Leben in trockenen Steppen.
Parasitische Blütenpflanzen (2024 LK HT 3)
In der zweiten Teilaufgabe soll ein phylogenetischer Stammbaum in Hinblick auf die Entwicklung eines Merkmals untersucht werden.
Evolution der Ariamnes-Spinnen (2023, GK HT 1)
In der zweiten Teilaufgabe soll zunächst erläutert werden, wie ein phylogenetischer Stammbau aufgestellt wird, und dann soll ein solcher Stammbaum analysiert werden, um die Verwandtschaftsverhältnisse von Spinnenarten zu klären, die verschiedene Hawaii-Inseln besiedelt haben.